“Framing”. Es geht um die Botschaft, nicht um die Überbringerin!
Sie kennen “Framing”? Das Phänomen, dass wir auf die gleiche Sachlage unterschiedlich reagieren, je nachdem, in welchem Rahmen sie dargestellt wird?
In Teams bildet dieser Rahmen oft die Person, die eine Aussage macht. Eine Idee (oder Frage, Wunsch, Kritik) wird ganz anders gehört, wenn sie von einer langjährigen Kollegin kommt oder von einem neuen Praktikanten.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf hat kürzlich eine Teilnehmerin in einer Supervision vorgeschlagen, eine Ideen Box für Supervisionsthemen einzurichten. In diese Box sollten anonym Vorschläge eingeworfen werden können. Anonym fand sie besser, weil so das Framing der Idee verhindert würde und die Themen vorurteilsfrei bearbeitet werden könnten. Ich war als Supervisor eher gegen Anonymität; in meiner Erfahrung liegt bei anonymen Beiträgen der Fokus nicht beim Inhalt, sondern gilt ganz der Frage, von wem dieser Input wohl stammt.
Natürlich war es trotzdem wichtig, das Thema des Framings ernst zunehmen. Wir einigten uns darauf, die Beiträge doch mit Namen zu versehen – sie aber jeweils vom Supervisor vorlesen zu lassen. Und wir einigten uns auch, das ich jeweils explizit hervorhebe, dass alles dem Framing unterliegt – und dass es an den Teilnehmerinnen ist, sich auf die Sache, nicht auf die Beziehung zu fokussieren.
Mit diesem Vorgehen erleben die Teammitglieder zwei positive Effekte in der Teamentwicklung: Erstens ist der Mut, Ideen einzubringen, gestiegen und kritische Themen kommen nun eher auf den Tisch. Zweitens sind sich einige Teammitglieder überhaupt erst bewusst geworden, dass sie Framen – und gehen nun sorgfältiger mit ihren persönlichen Vorurteilen um.
P.S.
Auf das Thema “Framing” kam ich letzten Samstag Morgen, als ich eine eher linke Wochenzeitung las und meine Frau mir einen Artikel zum Thema Gletscherinitiative in die Hand gab. Ich las den Artikel – und die Argumente der Initianten leuchteten mir ein. Plötzlich merke ich, dass ich ja in der Samstagsausgabe einer Zürcher Zeitung am lesen war… und der Artikel eigentlich die Argumente der Initiative widerlegen wollte! Bloss hat mein kognitiver “Frame”, den ich mit der Wochenzeitung aufgebaut hatte, stärkere Wirkung gezeigt als die Zwischentöne der Autorin des Artikels – was ich beim zweiten Lesen (mit ganz neuem “Frame”), dann gemerkt habe…