Keine EM, keine WM die uns diesen Juni beschäftigt – wie langweilig. Aber trotzdem ist die FIFA auf den Frontseiten der Medien. Bzw. nicht die FIFA, sondern ihr Präsident, Sepp Blatter. „Blatter muss weg“ tönt es in den (westlichen) Medien. Als Fussballfan rufe ich da gerne mit.
Als systemisch denkender Coach und Berater hingegen macht es mich sofort stutzig, wenn schnell „ein Schuldiger“ oder ein „Hauptverantwortlicher“ für Missstände in einer Organisation gefunden wird.
Ich frage mich, ob die FIFA so anders wäre, wenn nicht Sepp Blatter, sondern z.B. Lennart Johannson (Gegenkandidat Blatters 1998) oder irgend ein anderer der Chef der FIFA wäre. Wäre sie nicht! Denn die FIFA ist und bleibt ein Verein im Sinne des Schweizerischen ZGB. Und hat als Verein nicht den Zweck, Gewinne zu machen.
Nun macht die FIFA aber Gewinn – und wie! Nur darf er sie nicht “ausschütten”. Die Einnahmen, die von der FIFA erzielt werden, müssen intern wieder investiert werden. (Eine schönere Voraussetzung für “Zwangskorruption” ist mir noch nie untergekommen).
Nach der WM in Brasilien waren das also ca. 3.3 Milliarden Euro, die verteilt werden mussten. Schön. Glauben Sie, die 207 Delegierten der Mitgliedsländer, die den Präsidenten wählen, interessieren diese Milliarden nicht? Werden sie nicht immer einen Präsidenten aussuchen, der diese „interne Reinvestition“ auf die richtigen Konten überweist? Natürlich werden sie.
Es ist also nicht “Blatter” das Problem. Die Korruption der FIFA liegt im System, in der internen Struktur, in der Rechtsform und in einer Kultur, die sich seit über vierzig Jahren, seit so richtig Geld fliesst, so entwickelt hat.
Und nun? Der Druck von aussen auf die FIFA nimmt zu. Aber die Erneuerung wird nur möglich sein, wenn sich die Abläufe, die Strukturen und die Rechtsform der FIFA so verändert, dass sie den Aufgaben eines Multi-Milliarden-Unternehmens gerecht werden können. Bis nächsten Juni wird das vermutlich noch nicht der Fall sein…