Zuerst denken – dann handeln! Wirklich?

Seit Jahren doziere ich meinen Studierenden, sie sollen „denken, dann handeln“. Nicht nur in der Sozialen Arbeit, auch in anderen Arbeits- und Lebensfeldern wird grosser Wert auf das „Denken vor dem Handeln“ gelegt. Erst nach sorgfältiger Betrachtung der Optionen können die richtigen Entscheidungen getroffen werden, heisst es. 

Aber stimmt das auch wirklich? Gerade auch für Menschen, die in der Arbeit Verantwortung übernehmen wollen?

Nein, es stimmt nicht immer. Gerade wenn es um die Entwicklung neuer Fähigkeiten geht, führt der Weg eher über das Handeln als über das Nachdenken. 

Wir können ruhig mal etwas Neues versuchen und dann die Ergebnisse beobachten – wie es sich anfühlt, wie andere um uns herum reagieren, welche Wirkung wir erzielen. Dann reflektieren, bewerten und verinnerlichen, was unsere Erfahrung uns gelehrt hat. Das ist intensives lernen, das ist persönliche Entwicklung!

Und in der Führung, gerade in der Vorbildfunktion, zeugt Handeln von Mut, Entschlossenheit und Fehlerbereitschaft; Eigenschaften, die Führungskräfte bei sich selbst und bei ihren Mitarbeitern sehen möchten. Natürlich muss auch gedacht, geplant und evaluiert werden – aber das, so scheint mir, wird eh genug gemacht.

Wir dozieren es ja seit Jahren…

 

Siehe auch: Herminia Ibarra, “Act Like a Leader, Think Like a Leader” (Harvard Business Press, 2015)